Alltägliches: Die Glasflasche

© photomakers.org

Stell dir vor, du bist in einem netten Restaurant. Es ist ein schöner Abend und du möchtest mit deiner Begleitung noch einen Wein trinken. Du bestellst und während du wartest, führst du ein angeregtes Gespräch. Plötzlich stürmt die Bedienung, die Hände zu einem Trog geformt, herein, verschütett beim Rennen zu deinem Tisch die Hälfte des Inhaltes und lässt den Rest in dein Glas hinabstürzen. Für deine Begleitung ist leider nichts mehr in der Handschale übrig und die Bedienung rennt wieder in Richtung Küche.

Natürlich würden Menschen Alternativen nutzen, gäbe es keine Glasflaschen mehr. Aber dieses Gedankenbeispiel verdeutlicht, wie sehr wir Flaschen, in unserem Alltag benötigen und sie, zumal wenn aus Glas, auch Bestandteil unserer sinnlichen Momente sind.

Weinkenner*innen ist es sicherlich bewusst – die Art des Gefäßes spielt eine große Rolle bei der Geschmacksbildung eines Weines. Bis sich die Glasflaschen im 17. Jahrhundert für den Weingenuss durchgesetzt hatten, wurde Wein in Metall- und Keramikkrügen oder aus Tierhäuten hergestellten ‘Schläuchen’ serviert. Dabei nahm er oft auf den Geschmack des jeweiligen Behältnisses an. Aus diesem Grund wurde “der Wein oft mit Harzen versetzt, gezuckert oder verdünnt, sodass erst mit der Erfindung der Glasflasche die Art Wein entstand, die wir heute kennen.”1

Am faszinierendsten ist wohl der Herrstellungsprozess von Glasflaschen, denn in der Theorie ist jede Flasche zu hundert Prozent recyclebar. Tatsächlich besteht in der bundesdeutschen Praxis jede im Supermarkt erhältliche Flasche im Schnitt nur zu sechzig Prozent aus bereits verwendeten Glasflaschen. Aber immerhin beteiligen sich laut Bundesverband Glasindustrie 97 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte an dem Glasrecycling. Diese bringen jedes Jahr rund 2 Millionen Tonnen Altglas in den Werstoffkreislauf zurück. 2006 wurden somit 83,6 Prozent der in Deutschland verkauften Glasverpackungen wiederverwertet, und jede*r Bundesbürger*in brachte rund 24 Kilogramm Altglas zu den Sammelstellen.2

Mit der genauen Stoffzusammensetzung von Glas können wohl eher die Fachkundigen unter uns etwas mit anfangen: ca. 70 Anteile Quarzsand (SiO2), 13 Anteile Soda (Na2CO3), 10 Anteile Kalk (CaCO3) und geringe Anteile Dolomit, Feldspat und Pottasche.
Zusammen mit Recyclinglas werden diese Stoffe zu dem so genannten Gemenge gemischt und anschließend in verschiedenen Schritten bei Temperaturen von 1.200 °C – 1.600 °C zusammengeschmolzen.

Glasmacher beim Glasblasen

Bevor die industrielle Revolution Maschinen hervorbrachte, die die Glasproduktion übernahmen, wurde jede Flasche von den Glasmacher*innen einzeln geblasen. Als Glasbläser*innen werden die Menschen bezeichnet, die einen künstlerischen und keinen alleinigen produktionellen Hintergrund verfolgen. Wenn ihr Glasmacher*in oder Glasbläser*in werden möchtet, meldet euch bei der IHK – die Ausbildung dauert jeweils drei Jahre. Bei der traditionellen Flaschenherstellung wurde die Glasschmelze mit einem circa 1,5m langem, als Glasmacherpfeife bezeichneten, Stahlrohr aufgenommen und von dem*der Glasmacher*in in die richtige Form durch Blasen und Bewegen der Schmelze gebracht. Heute wird das flüssige Glas grammgenau abgemessen und von einer so genannten IS-Maschine geformt. Einen Eindruck von diesem Prozess könnt ihr in diesem Video bekommen:

Das Mundblasverfahren wird dagegen nur noch bei besonders aufwendigen Glasproduktionen und speziell erforderlichen Handarbeiten eingesetzt. Im Gegensatz zu vielen anderen traditionellen Produktionsarten, ist die Glasmacherei an sich allerdings nicht in ihrer Existenz bedroht. Die Glasherstellung verlangt teilweise großes Geschick und Können und manche Glasprodukte sind für die maschinelle Produktion ungeeignet. Wohl auch deshalb gelang es erst 1903 dem Amerikaner Michael J. Owens das Flaschenblasen überhaupt in die automatische Produktion zu überführen.
Die heutigen Maschinen können Flaschen allerdings hervorragend automatisch produzieren, weshalb auch nur noch die wenigsten Flaschen aus Glas mit dem Mund geblasen werden.3

Seit einigen Jahren gerät die Glasflasche allerdings unter Druck. Die leichteren und praktischeren PET-Flaschen verdrängen die Mehrwegflasche aus Glas immer mehr vom Markt. Discounter bieten diese zu sehr günstigen Preisen an – ohne auch nur eine einzige Glasflasche in ihrem Angebot zu haben.
Neben dem Nachteil, dass die Flasche aus Glas schwerer ist und im Gegensatz zu Flaschen aus Kunststoff wesentlich leichter kaputt geht, besitzen Glasflaschen allerdings zwei entscheidende Vorteile: erstens sind sie ökologisch nachhaltiger und zweitens geben sie keine Giftstoffe ab. Flüssigkeiten in Verpackungen aus PET sind immer auch mit Giften versetzt : Acetaldehyd (Ethanal), Dimethyldicarbonat (DMDC) und Östrogen.4 Glas gibt dagegen keinerlei Stoffe an die Flüssigkeiten ab, noch lässt es Stoffe hindurch. Damit sind Produkte im Glas gesünder und auch länger haltbar.5

Unbeeinflusst von diesen Fakten, geht der Anteil der Glasflasche immer weiter zurück. Nur mit Ausnahme der Markenwasser. Hier lässt sich eine leichte Steigerung erkennen. Dennoch wird die Glasflasche wohl nicht aussterben. Zum Einen werden bewusste Käufer*innen ihre Entscheidung weiterhin und unter Umständen verstärkt zugunsten der ökologischen und gesunden Verpackungsvariante treffen. Zum Anderen gibt es zwei Segmente, bei dem der Anteil der Glasflaschen traditionell hoch ist und aufgrund des nicht getrübten Geschmackes wohl auch bleiben wird: bei Bier und Wein.

[contact-form-7 404 "Not Found"]

Quelle Foto 1: © photomakers.org: kostenlose Bilder und Bildbearbeitung
Quelle Foto 2: © Joska Kristall GmbH & Co. KG über wikipedia.de

1
– http://de.wikipedia.org/wiki/Weinflasche#Geschichte

2
– http://www.bvglas.de/umwelt-energie/glasrecycling/
3http://www.bvglas.de/der-werkstoff/geschichte-entwicklung/
4 - http://de.wikipedia.org/wiki/PET-Flasche#Nachteile
5 – http://www.glasaktuell.de/glas-nachhaltigkeit/gesundheit-und-genuss/

 

Social tagging:

Hinterlasse eine Antwort

Visit Us On TwitterVisit Us On Facebook