Im Visier der Neonazis
Aber auch die Menschen, deren Hass und menschenfeindliches Gedankengut sie bekämpfen will, rücken ihr zuleibe. Drohungen während ihrer Aktionen seien an der Tagesordnung, selten kommt es sogar zu Handgreiflichkeiten. Mitte der Neunziger habe sie ein Neonazi angreifen wollen. Statt zu fliehen sei sie langsam auf ihn zugegangen und habe ihm direkt in die Augen geschaut und ihn angegrinst. In diesem Moment sei der Neonazi verschwunden.
Während einer U-Bahn-Fahrt wollte ein anderer Neonazi sie ebenfalls direkt attackieren. Nur das beherzte Eingreifen eines Mitfahrenden bewahrte sie vor Schlimmerem. Als sie ausstieg, kam der Neonazi erneut zu ihr und bedrohte sie. Sie hätte sich vor ihm hingestellt und gemeint “Denkst du, du kannst mich mit deiner Gewalt überzeugen oder zum Schweigen bringen?“
Es sind diese mutige Geschichten, die beeindrucken und selbst Mut machen. Irmela Mensah-Schramm gibt aber auch zu, dass sie an manchen Tagen schon mit einem mulmigen Gefühl das Haus verlässt. Nach einem Fernsehbericht hatte sie Drohanrufe erhalten und Hassschmierereien an einer Hauswand gefunden.
Bei einem Anruf sei ihr migeteilt worden, wenn “Deutschland befreit” werde, solle sie “besser das Land verlassen”. Eine Kameradschaft in Berlin hat sogar einen Aufkleber mit ihrem Motiv entwickelt. Auf die Frage, ob sie Angst hätte, sagt sie: “Manchmal hab ich Angst, aber ich zeige sie nicht.” Sie gibt aber auch zu, dass ihre Arbeit sehr anstrengend ist und so intensiv, wie sie es macht, nicht jeder durchhalten würde. “Wenn du eine Familie hast, kannst du das nicht machen.”, sagt sie.
Aber es gibt auch Erlebnisse mit Neonazis anderer Art. Bei einer Aktion, sei einer auf sie zugekommen und hätte sie gefragt, was und warum sie die Schmierereien wegmache. Irmela Mensah-Schramm redete mit ihm und erklärte ihm die Hintergründe. Bis heute sind keine neuen Graffitys an der Wand aufgetaucht.
Irmela Mensah-Schramm möchte Verständnis wecken, aber auch klare Kante gegen menschenfeindliche Gedanken setzen.
“Wenn ich bei meiner Arbeit Gewalt gezeigt hätte, säße ich jetzt nicht mehr hier.”, sagt sie. Argumente statt Phrasen, gewaltlos statt mit der Faust, so wolle sie in der Gesellschaft wirken.
Veränderungen und Anerkennung…Seite 5
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